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Text File  |  1996-10-14  |  2KB  |  3 lines

  1. ΓÇ₧Lost ChordΓÇ£ pr├ñsentiert eine ├ästhetik der Reduktion, die im Kanon der westlichen, dem Ausdrucksgeschehen verhafteten K├╝nste ihresgleichen sucht. Anspielungen werden nicht verwendet, Denkr├ñtsel den gro├ƒen staatlichen B├╝hnen belassen. Spuren werden nur gelegt, oder, unbetreten, gezeichnet. Szene, Musik und Licht finden in seltsamer Entspanntheit statt: wie in einem japanischen Steingarten sind Material und Geschehen zun├ñchst einfach da. Auch das Licht beleuchtet nicht, es legt m├╢gliche Sichtweisen nahe. Nichts ist, wenn man so will, instrumental funktionalisiert. Gesten und Ideen etwa, die in der  synchronen Improvisation  - ein paradoxer, aber notwendiger Begriff - zwischen Bassist und T├ñnzerin aufkommen, werden ebenso schnell wie sie gefunden sind wieder verlassen. Kein Effekt wird ausgebeutet, kein Bild und kein Ton (seltsam antimedial) dem Zuschauer aufgedr├ñngt. Dennoch oder gerade deshalb gibt es wohl momentan weder aus der Sicht der  Tanz- noch der Musikszene ein derart eingespieltes Duo wie M├╝ller - Baumgart, das ihnen in punkto Abwechslungsreichtum, Schnelligkeit, Pr├ñzision und auch  Unterhaltsamkeit gleich k├ñme. Ohne direkt zu zitieren, belebt ΓÇ₧Lost ChordΓÇ£ einen starken, versch├╝ttet geglaubten Zug einer unzeitgem├ñ├ƒen Theatralik wieder, der ebenso pr├ñzise mit dem Anklang an Asiatisches wie dem an die letzten, fast wortlosen Spiele Becketts bezeichnet ist. F├╝r die Gesamtproduktion gilt, was vom Film Thomas Kiesels gesagt werden kann: man schaut gebannt hin, ohne zu wissen, was man sieht. Das hei├ƒt aber auch, ohne zu sehen, was man (ohnehin) wei├ƒ - etwas Neues eben.
  2.                       
  3. Thomas D├╢rr, Hamburger Rundschau, 20.11.90